IG Centered Riding Schweiz
Aufbau einer Unterrichtseinheit
Aufbau einer Unterrichtseinheit
Von Susanne Weiss
Von einem Kind kann nicht erwartet werden, dass es neue Inhalte nach einmaligem erklären und umsetzen bereits versteht und beherrscht. Erst durch wiederholtes Ueben werden neue Bewegungsabläufe und theoretische Informationen gespeichert. Daher ist es wichtig, dass man über mehrere Reitstunden am gleichen Thema arbeitet. Die Kunst dabei ist, das Gleich immer wieder anders zu „verpacken“, damit die Kinder die Ausdauer haben, an einem Thema dran zu bleiben. Auch zu beachten ist, dass nicht gleich zu Beginn alles besprochen, sonder das Niveau von Mal zu Mal gesteigert wird, um die Kinder schrittweise zum Ziel zu führen. Wie schnell dabei vorgegangen werden kann, ist weitgehend vom Entwicklungsstand der Kinder abhängig.
Ein möglicher Aufbau einer Unterrichtsreihe könnte so aussehen:
Ziel: Das Kind kann die Zügel halten, bremsen und lenken.
Theorie Praxisbeispiele
Grundlegende Informationen erklären Zügel halten und verkürzen
und erproben lassen. Blick immer zum Ziel (Fokus)
Repetition der Grundlagen Rösslispiel (auch bewusst Fehler
Erste Erweiterung machen dürfen – selber erfahren,
wie sich das anfühlt)
lenken
Repetition und Ueberprüfung Kinder erklären sich gegenseitig,
Erweiterung wie man die Zügel hält und ver-
kürzt, wie man lenkt.
Anhalten (ev. nochmals Rösslisp.)
Repetition und Training unterschiedliche Anhalte- und
Das Gelernte in verschiedenen Steuerübungen
Situationen mit zunehmender Selb-
ständigkeit anwenden lernen.
Kontinuität
Die moderne Welt ist sehr kurzlebig und Kinder werden permanent mit neuen Eindrücken überhäuft. Sie lernen kaum noch, sich mit Problemen auseinander zu setzen oder sich über einen längeren Zeitraum mit dem gleichen Thema zu beschäftigen. Es ist daher sinnvoll zusätzlich zum aufbauenden Ablauf einer
Unterrichtsreihe weitere Kontinuität zu schaffen.
Gruppen: Es sollten feste Gruppen bestehen, damit jede Woche die gleichen Kinder zusammen Reitstunde haben. So lernen sich die Kinder besser kennen, können vermehrt Rücksicht aufeinander nehmen und das Niveau kann dem Ausbildungsstand der Gruppe angepasst werden.
Pony: Damit sich das Kind mit dem Charakter und den besonderen Bedürfnissen eines Pferdes auseinandersetzen kann, muss es dieses über mehrere Reitstunden kennen lernen. Auch wenn es manchmal nicht „Liebe auf den ersten Blick“ ist, kann das Kind sehr viel davon profitieren, sich über einen bestimmten Zeitraum mit einem anderen Lebewesen zu beschäftigen und nicht einfach sagen zu können „das ist ein ungehorsames Pony, das will ich nicht reiten, ich möchte nächste Woche wieder mein Lieblingspferd haben“.
Aufbau einer Lektion
Rituale: Geben dem Reitunterricht einen festen Rahmen, an dem sich Kinder und Ponys orientierten können. Dazu gehören sich wiederholende Abläufe (z.B. Putzen, führen, reiten, aufräumen), Verantwortungen, die das Kind selber wahrnehmen soll (z.B. das gebrauchte Material versorgen), aber auch der jeweilige Aufbau der Lektionen. Je jünger die Kinder sind, desto grösser ist der Stellenwert solcher Rituale.
Mögliche Rituale:
- Pony begrüssen wenn alle Reitschüler da sind durch streicheln am Widerrist
- Leckerli geben immer nach der Stunde, wenn alles Material aufgeräumt ist
- Aufsteigen zum vorbereiten immer auf der Mittellinie aufstellen
- Sich wiederholende Abläufe: Putzen, führen, Turnübung, reiten, Spiel, aufräumen
- Das erforderliche Material selbständig vor der Stunde an einem festgelegten Ort bereitlegen und nach der Stunde wieder aufräumen
- Pony vor dem Aufsitzen führen und aufwärmen
Rhythmisierung: Je jünger die Kinder sind, desto kürzer ist die Konzentrationsspanne. Daher ist es wichtig, den Unterricht zu rhythmisieren. Das heisst, die Reitlehrerin muss innerhalb der Lektion für Abwechslung sorgen. Darin sollen aber auch immer Wiederholungen beinhaltet sein, damit die Lektion inhaltlich nicht überlastet wird.
Beispiel: Führen: Das Pony im Pilonenkreis führen.
Schritt: Das Pony im Pilonenkreis lenken auf beide Seiten
Trab: Leichttraben üben auf beide Seiten
Schritt: Ohne Sattel das Pony im Pilonenkreis lenken
Heterogenität: Bei der Planung des Unterrichts muss man sich immer überlegen, wie ein Auftrag erschwert werden kann, wenn ein Kinder unterfordert ist und wie als Reitlehrerin helfen kann, wenn die Aufgabe für einzelne Kinder zu schwer ist.
Man sollte nicht den Anspruch haben, dass alle Kinder die Uebung auf dem gleichen Niveau machen können und auch den Mut haben, fortgeschrittene Kinder mehr machen zu lassen als die anderen, selbst wenn das für diese nicht immer einfach zu verstehen ist. Unsere Aufgabe ist es jedoch, jedes Kind auf seinem Niveau abzuholen und weiter zu bringen.
Tipps für heterogene Gruppen:
- ältere und erfahrene Kinder erklären lassen – Wissenlücken entdecken, Erfahrungen bewusst machen, Wissen festigen.
- Ponyeinteilung als „Entschärfer“: Fortgeschrittene Kinder reiten ein anspurchsvolleres Pony, Anfänger ein Pony, das einfacher zu handhaben ist
- Fortgeschrittene vorausreiten lassen, mehr Uebungen/Formen alleine reiten lassen
- Anfängern vermehrt Hilfe leisten (Longe, Führen…..)
Erklärungen: Erklärt ist nicht gleich verstanden: Um die Wahrscheinlichkeit zu erhöhen, dass die Kinder unsere Erklärungen verstehen und behalten können, sollte man folgende Punkte beachten:
- Begründen, warum man etwas so macht und nicht anders. Wenn die Kinder das WARUM verstehen, können sie auch das WIE besser nachvollziehen.
- Beispiele aus der Lebenswelt der Kinder bringen (stell dir vor, du bist die Lehrerin……)
- Kinder erklären Kindern
Verantwortung der Lehrperson: Als Reitlehrerin ist man immer auf einer Gratwanderung zwischen Sicherheit von Pony und Kind gewährleisten und dafür zu sorgen, dass die Kinder ihre eigenen Erfahrungen machen können. Nur wenn man seine Schulponys gut kennt, kann man mit dieser Diskrepanz umgehen. Ausserdem muss man während der Reitstunde nicht nur die Kinder, sonder auch die Ponys stets beobachten: Halten alle genügend Abstand? Will niemand überholen? Sind nicht zwei Ponys hintereinander, die sich nicht vertragen? Etc.
Reflexion des eigenen Unterrichts: Es dürfen Fehler gemacht werden, wichtig ist nur, dass man daraus lernt.
- Selbstreflexion: Jeweils nach der Lektion kurz bedenken, was man ein anderes mal wieder gleich und was man anders machen würde.
- Hospitation mit Feedback: Eine andere Reitlehrerin zuschauen und anschliessend rückmelden lassen (Tipp: konkreten Beobachtungsauftrag geben – spreche ich laut und deutlich? – korrigiere ich alle Kinder? – gebe ich genug positive Rückmeldungen?)
- Feedback der Kinder: Empfiehlt sich nur bei älteren Reitschülern